Ob sich wohl jemand trauen wird, an der Fußwaschung teilzunehmen, zu der wir in diesem Jahr am Gründonnerstag eingeladen hatten? Bequeme Sessel, eine Palme und Blumen, weiche Handtücher, warmes Wasser und Kniepolster – alles war mit viel Liebe vorbereitet und unser Mesner meinte, als er das ungewöhnliche Arrangement im Gemeindesaal betrachtete: „Ein schöner Salon!“
Und tatsächlich kamen einige Menschen, die es wagten, sich diesen Liebesdienst gefallen zu lassen. So wie damals die Jünger*innen, die sich nach anfänglicher Hemmung von Jesus die Füße waschen ließen. Das Plätschern des warmen Wassers, meditative Musik und freundliche Gespräche halfen unseren Gästen, sich im „Salon“ schnell wohlzufühlen.

Eine von ihnen, Steffanie Großer, erlebte die Fußwaschung so: „Zur Fußwaschung kam ich mehr aus Pflichtgefühl. Ich erwartete eine Massenfußwaschung im Kirchraum. Aber nein: Mich überraschten eine gemütliche Ecke im Loungestil mit zwei Sesseln, Entspannungsmusik (wie Frauen es mögen), einer Auswahl an Massageölen (ich wählte Veilchen) und warme, sanft massierende Hände der völlige Ruhe ausstrahlenden Masseurin. Entspannt, gut durchblutet und wie auf Wolken verlebte ich den restlichen Abend. Ich hätte wissen können, dass in dieser Gemeinde alles Hand und Fuß hat!“
Und Anja Rudolph, eine der Helfer*innen beim Füßewaschen, beschreibt ihre Erfahrungen mit folgenden Worten: „Was? Ist das dein Ernst? … das könnte ich nicht! So oder so ähnlich reagierten die meisten Menschen in meinem Bekanntenkreis, wenn ich ihnen erzählte, dass ich vorhatte, an Gründonnerstag Gemeindemitgliedern im Gemeindezentrum die Füße zu waschen. Tatsächlich machten mich diese Reaktionen durchaus nachdenklich und ich fragte mich, ob die von mir empfundene Vorfreude auf diesen sehr symbolkräftigen Dienst vielleicht doch naiv gewesen war. So wuchsen am Vorabend dann Aufregung und Vorfreude, als wir zu dritt den Raum für die rituelle Fußwaschung herrichteten, Sitzbänkchen, Massageöle und Badezusätze testeten.
Ich war überrascht, dass die erste Gästin, die sich am Donnerstagnachmittag einfand, eigentlich mit der Absicht gekommen war, ebenfalls anderen die Füße zu waschen. Umso dankbarer war ich, dass sie sich dennoch darauf einließ, sich nun von mir verwöhnen zu lassen. Dankbarkeit ist in der Tat das Gefühl, das sich an diesem Tag in mir ausbreitete. Das warme Wasser, der gute Duft der Öle, die Gemeinschaft und das Vertrauen meiner Gäste, vor mir Schuhe und Socken auszuziehen und sich auf meine waschenden und streichelnden Hände einzulassen. Was Füße alles tragen können – auch dieser Gedanke nährt wohl Dankbarkeit und Demut.
Ja, Füße waschen und Füße waschen lassen, das ist ein sehr intimer und naher Moment, den man da teilen darf. Und den Dank, den ich an diesem Gründonnerstag erhalten habe, den kann ich nur von ganzem Herzen zurückgeben! Danke, dass ihr so mutig wart, euch für dieses Ritual zu öffnen – euch mir zu öffnen… das war einfach nur schön!“
Von beiden Seiten wurde die Fußwaschung als Geschenk erlebt: Als Wohltat empfanden es diejenigen, die sich die Füße waschen ließen, und die Helfer*innen fühlten sich vom Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wurde, ebenso beschenkt.
Auf jeden Fall hat die Erfahrung Lust gemacht, es im nächsten Jahr wieder auszuprobieren!
Vielleicht dürfen wir dann ja auch Sie willkommen heißen?
Text/Fotos: Dorothea Kik